© 2004 Oliver Meise       Beitrag aus Taucher.net
Keine Gewähr

Eine der seltsamsten Verwendungsarten für Kreislaufgeräte schuf wohl die NVA, die Nationale Volksarmee der DDR. Schon im 2. Weltkrieg überraschten deutsche Verbände der 18. Panzerdivision die Rote Armee dadurch, dass für unpassierbar gehaltene Flüsse, wie z.B. am 22. Juni 1941 der Bug bei Patulin, ganz einfach von deutschen Panzern des Typs III durchtaucht wurden und so für Verwirrung hinter den russischen Linien sorgten. Zwar hatte man seinerzeit schöne Rüstsätze mit denen man Panzerfahrzeuge wasser- und druckdicht verschließen konnte, jedoch keine separaten Atemgeräte für die Besatzungen mit denen diese einen Wassereinbruch überleben konnten. Anders bei den Panzerverbänden der NVA. Hier gehörten seit den frühen 70er-Jahren Rettungsgeräte vom Typ 62015M und ab 1979 Rettungsgeräte vom Typ 62115- besser bekannt unter dem Kürzel RG-UF/M -zur strukturmäßigen und geheimgehaltenen Ausrüstung der Besatzungen von mittleren Kampfpanzern des Typs T 55, Kranpanzern und Panzerzugmaschinen.
Da diese vom "VEB Kombinat Medizin- und Labortechnik Leipzig" gebauten Rettungsgeräte in beengten Verhältnissen getragen werden mussten, waren sie recht klein dimensioniert. Zum Transport konnten sie in nur 37cm x 35cm x 14cm großen Tragetaschen "am Mann" mitgeführt werden und wurden im Bedarfsfalle vor der Brust getragen.


Photo © 2002 Dave Sutton

Bevor aber nun die Funktionsweise beschrieben wird, wollen wir erst einmal einen Blick auf die Konstruktion und den Aufbau dieses militärischen Kreislaufgerätes werfen.


Photo © 2002 Dave Sutton

Das Plastikgehäuse ist zweigeteilt und besteht aus Unterteil und Deckel. Nimmt man den Deckel ab, liegen die Innereien dieses Atemgerätes vor einem. Im wesentlichen findet man im Gehäuseunterteil vier Baugruppen:


Photo © 2002 Dave Sutton

1. Die Sauerstoffflasche:
Dieser blau gefärbte Druckbehälter hat ein Volumen von 0,8 Litern, ist für einen Fülldruck von 200 bar ausgelegt und soll laut NVA-Dienstvorschrift A 051/1/304 mit Sauerstoff befüllt werden der einen Reinheitsgrad von 99,5 % hat.

2. Der Kalkbehälter:
Dieser grauweiß gefärbte Kunststoffbehälter enthält genau 1kg normalen Atemkalks. Anders als bei den IDA-Kreislaufgeräten russischen Ursprungs kommt beim RG-UF/M keine Sauerstoff freisetzende Chemikalie zur Anwendung.

3. Der Druckminderer:
Dieser links am Flaschenventil angeschlossene Regler strömt im Betrieb permanent Sauerstoff mit einer Flussrate von 0,9 Litern pro Minute ab. Die Fertigungstoleranz in der Abweichung von dieser Flussrate ist in der oe. Dienstvorschrift mit plus / minus 0,2 Litern pro Minute angegeben. In den Druckminderer ist ein Zusatzventil eingebaut. Dieses kann im Betrieb durch Druck auf die grüne Taste oben im Doppelbild manuell bedient werden und sorgt bei einem Mindest-Flaschendruck von 60 bar für eine Flussrate von 50 Litern pro Minute.

4. Der Verteiler:
Dieser sitzt auf der oberen Öffnung des Atemkalkbehälters. Durch ihn fließt sowohl die verbrauchte Atemluft aus dem Ausatemschlauch wie auch die das aufbereitete Atemgas in den Einatemschlauch. Außerdem führt vom Zusatzventil des Druckminderers ein Schlauch in den Verteiler.

Außerhalb des Plastikgehäuses befindet sich wie beim IDA 59M der Atembeutel in Form eines Halskragens, sowie die Ein- und Ausatemschläuche. Letztere sind verbunden durch das Ausatemventil, an dem sich auch das Mundstück befindet.

Zur Ausrüstung des RG-UF/M gehört der Vollständigkeit halber noch eine Einscheiben-Tauchmaske sowie ein Fläschchen Antibeschlagmittel -und natürlich die Bereitschaftstasche. Summa Summarum wiegt das RG-UF/M so 8,2kg. Ohne Tauchmaske, Antibeschlagmittel und Tasche sind es nur 7kg.

Hat man sich das RG-UF/M mit dem Atembeutelkragen um den Hals gehängt und dem Leibgurt gesichert, kann man es -vorausgesetzt Atemkalkbehälter und Sauerstoffflasche sind vorschriftsmäßig gefüllt- in Betrieb nehmen. Hierzu öffnet man das Ventil der Sauerstoffflasche bis zum Anschlag, so dass das O2 aus der Flasche abströmen kann. Im folgenden Bild das Handrad des Ventils ganz rechts auf der Flasche, ganz links der Anschluss zum Druckminderer.


Photo © 2002 Dave Sutton

Es folgt ein Ausatmen, das Entfernen des Stöpsels aus dem Mundstück und das in-den-Mund-stecken desselben. Nun betätigt man das Zusatzventil bis zu dem Zeitpunkt an dem das Sicherheitsventil abbläst. Im Bild rechts der Druckminderer ohne angeschlossene Sauerstoffflasche. Deutlich zu sehen ist hier der grüne Knopf des Zusatzventils und der durchsichtige Verbindungsschlauch zum Verteiler.


Photo © 2002 Dave Sutton

Maximal bringt man so über eine Betätigung des Zusatzventils 3,5 Liter Atemgas über den Verteiler in den Atembeutel. Damit dort kein Überdruck entsteht und der Atembeutel beschädigt wird, ist hier besagtes Sicherheitsventil eingebaut. Dieses lässt bei mehr als sechs Millibar Überdruck Atemgas aus dem Atembeutel abströmen. Folgendes Bild zeigt das Überdruckventil mit abgeschraubter Schutzkappe.


Photo © 2002 Dave Sutton

Bevor man nun losatmet, sollte man noch schnell die mitgelieferte Tauchmaske aufsetzen.


Photo © 2002 Dave Sutton

Beim Ausatmen strömt nun die verbrauchte Luft durch das Ausatemventil im Mundstück vom Taucher aus gesehen nach links in den Ausatemschlauch ab.


Photo © 2002 Dave Sutton

Von hier aus fließt es in den Verteiler auf dem Gerät direkt über die inneren vier Kreisschlitze des Stegrings auf dem Atemkalkbehälter in diesen hinein.


Photo © 2002 Dave Sutton

Die verbrauchte Atemluft wird dabei innerhalb des hier unten aufgeschnittenen Atemkalkbehälters durch ein Rohr ganz nach unten in die Federkammer des Atemkalkbehälters geführt.


Photo © 2002 Dave Sutton

In dieser Federkammer befindet sich kein Atemkalk. Dies ist vielmehr ein mit Sieb und Filter vom Atemkalk getrennter Raum wo eine Einlage allfälliges Schwitzwasser auffangen kann.

Von der Federkammer gelangt die verbrauchte Luft nun durch Sieb und Filter in den mit Atemkalk gefüllten Teil des Atemkalkbehälters wo das Kohlendioxid ausgefällt wird. Dergestalt aufbereitet fließt das Atemgas weiter nach oben durch die äußeren Schlitze des Stegrings auf dem Atemkalkbehälter in den Verteiler. Dort vermischt es sich mit dem aus der Sauerstoffflasche über den Druckminderer und Verbindungsschlauch zum Verteiler stetig abströmenden Sauerstoff und gelangt so über einen Faltenschlauch in den Atembeutel. Nachfolgend sieht man in der Mitte den runden Verteiler mit angeschlossenem Faltenschlauch, Ein- sowie Ausatemschlauch und durchsichtigem Verbindungsschlauch für die Zufuhr von Sauerstoff aus dem Druckminderer.


Photos © 2002 Dave Sutton

Atmet der Benutzer des RG-UF/M ein, so fließt das aufbereitete Atemgas vom Atembeutel über den Faltenschlauch und den Verteiler in den Einatemschlauch durch das Einatemventil in das Mundstück. Eine Spülung des Kreislaufes kann jederzeit mittels des Zusatzventiles am Druckminderer vorgenommen werden und soll sogar gemäß Dienstvorschrift erstmalig nach 30 Minuten Betrieb durchgeführt werden. Im Bild links der grüne Knopf zur Betätigung des Zusatzventiles, rechts das Handrad der Sauerstoffflasche und in der Mitte der Befüllungsstutzen mit Abdeckstopfen für die Sauerstoffflasche.


Photo © 2002 Dave Sutton

Durch das Betätigen des Zusatzventiles kann auch mehr Atemgas bereitgestellt werden -für Fälle höherer körperlicher Belastung und damit einhergehendem höheren Sauerstoffbedarf. Dabei strömt pro Sekunde Betätigen des Zusatzventils ungefähr so viel Atemgas aus der Sauerstoffflasche ab, wie man etwa für eine Minute Atmen brauchen würde. Atmet man jedoch während des Betätigens des Zusatzventils aus, so geht das zusätzlich angeforderte Atemgas größtenteils über das Überdruckventil im Atembeutel verloren. Laut der Dienstvorschrift zu diesem Gerät arbeitete es nach diesem Prinzip bei Umgebungstemperaturen von 0 bis 60°Celsius bis zu zwei Stunden. Vorausgesetzt dass nur leichte Tätigkeiten durchgeführt wurden, die Tauchtiefe 10m nicht übertraf und das Atemvolumen 8 Liter in der Minute nicht überstieg.
Für den Taucher von heute ist das RG-UF/M eher so etwas wie ein interessanter Experimentierbaukasten denn ein verlässliches und ernsthaftes Tauchgerät. Die Herstellung erfolgte seinerzeit nach eher "preiswerten" Gesichtspunkten. Auch spiegelt die verwendete Technik nicht eben den aktuellen Stand an Sicherheit. Dies zeigt sich eigentlich schon nach den ersten paar Blicken in die Innereien oder den bedenklich empfindlich ausschauenden Atembeutel. Außerdem wird zu jedem RG-UF/M nur ein Atemkalkbehälter mitgeliefert. Bei diesem kann man den Atemkalk nicht auswechseln, da die Behälter als Einweglösung konstruiert wurden. Manche Bastler schrauben deshalb nach jedem Tauchgang einen originalverpackten "neuen" Atemkalkbehälter in das Gerät.


Photo © 2002 Dave Sutton

Hierzu sei zu sagen, dass es keine "neuen" Atemkalkbehälter gibt. Die DDR und die angeschlossenen Rüstungsbetriebe sind seit der Wiedervereinigung "out of Business"! Deshalb sei an dieser Stelle auch vor scheinbar neu aussehenden Behältern in Originalverpackung oder mit einer drei Zentimeter hohen Kennzeichnung mit dem Buchstaben "W" gewarnt. Bei ersteren ist mittlerweile die normale Standzeit des Kalks überschritten und zweitere sind "gewälzte" Exemplare bei denen die Standzeit schon überschritten war, aber die durch einen Rotationsprozess noch einmal kurzzeitig für Schulungszwecke aufbereitet wurden.
Andere Bastler machen aus zwei Atemkalkbehältern einen wiederverwendbaren, indem sie auseinandergeschnitten und in Teleskopform gefüllt zusammengeschoben werden. Angesichts des Umstandes, dass man diesem Tauchgerät dann sein Leben anvertraut eine recht abenteuerliche Vorgehensweise. Passiert auf diesem Wege irgendetwas, zahlt keine Versicherung der Welt auch nur einen Cent! Zum Glück sind die meisten überlagerten Atemkalkbehälter noch durch die NVA durch Ausbrechen des Gewindes am Stegring bzw. mittels Durchstoßen des Behälterkörpers unbrauchbar gemacht worden.

Once more I would like to thank Dave Sutton for his kind donation of his nice photos to one of my rebreather-stories! Thank you very much,Dave!!