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Amateurkonstruktion eines zweistufigen Atemreglers

Dipl.-Ing. Karel Spacek und Jaroslav Sebestik (CSSR),  POSEIDON 1964


Als wir vor einigen Jahren vor dem Problem standen, einen Regler im Eigenbau herzustellen und uns für einen bestimmten Typ entscheiden sollten, forderten wir als wichtigste Eigenschaften:
1. einfache, bewährte Konstruktion
2. Betriebszuverlässigkeit
3. minimaler Atmungswiderstand
4. Korrosionsfestigkeit
5. gutes Aussehen
Nach Prüfungen, die wir mit verschiedenen selbstgebauten ein- und zweistufigen Reglern angestellt hatten, kamen wir zu der Schlußfolgerung, daß der Eigenbau eines zweistufigen Lungenautomaten sehr erleichtert wird, wenn man als erste Stufe ein zuverlässiges, fabrikmäßig hergestelltes Reduzierventil verwendet. Dadurch ist der Eigenbau praktisch nicht sehr viel komplizierter und kostspieliger als beim einstufigen Regler, aber man gewinnt die bekannten Vorteile des Zweistufenreglers (ständig gleichbleibender, minimaler Atmungswiderstand). Problematisch ist nur die Beschaffung eines passenden Reduzierventils.
Unsere Wahl fiel in diesem Falle auf das bekannte Ventil KP-14 von einem ausrangierten Atmungsgerät aus der Bordausrüstung des Düsenjägers Mig-15, das in der CSSR in Taucherkreisen leicht erhältlich ist. Seine Brauchbarkeit als erste Stufe wiesen wir durch Messung der durchfließenden Luftmenge nach.
Die zufriedenstellende Funktion der zweiten Stufe ist vom ausreichenden Luftdurchsatz abhängig. Daraus folgt die Verwendung eines möglichst großen Düsendurchmessers. Die entgegengesetzte Forderung (womöglich kleinster Düsendurchmesser) ergibt sich aus den Kraftverhältnissen des Hebelmechanismus und den Abdichtungsmöglichkeiten. Zwischen diesen zwei Forderungen muß ein für die Praxis annehmbarer Kompromiß gefunden werden (am besten experimentell).
Nach verschiedenen Messungen entschieden wir uns für einen Düsendurchmesser von 3 mm (siehe Bild 3).

Das Übertragungsverhältnis
Nach Bild 3 ist das Verhältnis im aufgezeichneten Augenblick aus den Momentgleichungen zu den Drehpunkten der Hebel:
in unserem Falle
P/x = b•c/a•d
P/x = 8•14/44•22

Dieses Verhältnis gilt mit genügender Beiläufigkeit bei allen Stellungen der Hebel und mit diesem Verhältnis wird weitergerechnet.

Hub des Verschlußkörpers und der Membrane
Die Membrane muß eine so große Durchbiegung erlauben, daß für den Hub die Gleichung F1 = F2 gilt:
F/4 = d • h, h= 4

F1 Fläche des Düsendurchmessers
F2 Fläche des gedachten Zylindermantels, der entsteht, wenn der Versch1ußkörper um die Höhe h vom Ventilsitz abgehoben wird.
Für unseren Fall: h = 3/4 = 0,75 mm
Wenn P/x = 1/9 ist, dann ist die Membrandurchbiegung
M = 0,75•9 = 6,75 mm.
Eine Gummi- oder gummierte Leinwandmembrane ermöglicht diesen Hub gut, obzwar es zu dieser Hubhöhe meistens gar nicht kommt, da die durchströmende Luftmenge reichlich überdimensioniert ist.

Kraftverhältnisse im Hebelmechanismus der zweiten Stufe (Bild 3)
Bei den Hebeln gehen wir von der Voraussetzung aus, daß durch entsprechende Konstruktion ihr Schwerpunkt im Drehpunkt liegt.
1. Die Momentbedingung zum Drehpunkt des oberen (primären) Hebels.
Gleichung 1:
P•a–y•b = 0

a) P = fm•p +- G
fm = aktive Fläche der Membrane des Lungenautomaten

fm = d2/4; D = 100mm

p = Unterschied des Wasserdruckes und des beim Einatmen im Lungenautomaten entstehenden Unterdruckes (Atemwiderstand)

G = Gewicht der Membrane und deren Verstärkungen
+ gilt für die Lage der Lungenautomaten beim Rückenschwimmen
- gilt für die normale Schwimmlage

b) y = k•x
k = Federkonstante
x = Federhub
Die Gleichung 1 sieht nach dem Einsetzen so aus:
(fm•p+-G)•a-k•x•b=0

2. Die Momentanbedingung zum Drehpunkt des unteren (sekundären) Hebels

Gleichung 2:
x•c-y•d = 0
x = F1 • (pR - p)
F1 = Düsenquerschnitt
(d = 3 mm)
pR = Druck im Reduzierventil
p = Druck im Lungenautomaten
Gleichung 2 nach dem Einsetzen (pR•p)•c-k•x•d = 0
Die Gleichungen 1 und 2 sind die Grundgleichungen für die Berechnung der zweiten Stufe dieses Lungenautomaten. Aus der Analyse dieser Gleichungen gehen folgende Grundsätze hervor:
1. möglichst leichte und nachgiebige Membrane,
2. großer Membranendurchmesser (und möglichst große, wirksame Fläche, d. Red.),
3. großes Übersetzungsverhältnis,
4. die Hebel ausgewogen konstruieren.

Diese Grundsätze sind natürlich durch die Festigkeit der Bestandteile und die Ausmaße der Lungenautomatik beschränkt.

Die praktische Ausführung unseres Zweistufenreglers
Einschlauchregler (Bild 1 und 2)

Das Ausatemventil ist direkt in der Membranenverstärkung untergebracht, die Membrane wird durch den Verschlußring gehalten. Bei dieser Ausführung kommt der Gebrauch eines Injektors auf Grund der Richtungsänderung des Luftstroms (Ein- und Ausatmung geht durch einen Schlauch) nicht in Betracht.
Zweischlauchregler mit Injektor (Bild 3)

Im Mundstück ist der Einatmungsschlauch durch ein Rückschlagventil gesichert. Das Niederdruckventil der zweiten Stufe weist eine Bohrung (3,5 mm 0) mit der Funktion eines Injektors auf, der Verschlufikörper ist entsprechend hergerichtet (siehe Bild 3). Das Ausatemventil befindet sich im Gehäuseoberteil über der Membrane, die durch den Verschlußring gehalten wird.
Als Material benutzten wir ausschließlich Messing, nur die Federn sind aus Stahl (zwei im Reduzierventil und eine in der zweiten Stufe). Diese Stahlfedern sowie alle äußeren Flächen des Lungenautomaten ließen wir verchromen. Dadurch erlangten wir Korrosionsbeständigkeit und gutes Aussehen. Die einzelnen Bestandteile sind so dimensioniert, daß die Möglichkeit mechanischer Störungen oder Deformationen ausgeschlossen ist.
Fast alle Bestandteile lassen sich auf der Drehbank und auf der Bohrmaschine fertigen, einige Flächen müssen gefräst werden. Das Hebelsystem besteht aus Messingblech. Nicht zerlegbare Verbindungen haben wir hartverlötet.
Der Regler läßt sich durch Änderung der Federvorspannung in der 1. oder 2. Stufe regulieren. In der 1. Stufe ist eine Einrichtung zum Ändern des Luftdruckes (von 0 bis 9 atü) vorhanden.
Zum Schluß möchten wir noch erwähnen, daß wir beide Varianten unseres Lungenautomaten zwei Jahre unter verschiedenen Bedingungen benutzt haben und sagen können, daß sie sich bewährt haben. Obzwar unser Regler eine stark gegliederte Form hat, glauben wir, daß er sowohl von der funktionellen als auch der ästhetischen Seite aus die Forderungen selbst anspruchsvoller Tauchsportler befriedigt.


Bild 1: Zusammenstellung des Zweistufenreglers
(1. Variante:Ein- und Ausatmung durch einen Schlauch).
1 – Gehäuseunterteil,
2 – Gehäuseoberteil,
3 – Verschlußring,
4 – Membrane,
5 und 6 – Verstärkung der Membrane – gleichzeitig Ausatemventil,
7 – Membrane des Ausatemventils,
8 – Befestigungsschrauben des Ausatemventils,
9 – Ein- und Ausatemstutzen,
10 – Primärhebel,
11 – Sekundärhebel,
12 – Stellschraube,
13 – Feder,
14 – Verschlußkörper,
15 – Hauptstück,
16 – Mutter mit Lagerbock (sekundär),
17 – Schlauchanschluß,
18 – Reduzierventil KP-14,
19 – Verschlußschrauben


Bild 2: Zusammenstellung des Gehäuseunter- und -oberteils und der Membrane mit Ausatemventil. Die Ausatmung durch die Membrane scheint eine geeignete Lösung zu sein, da der Ausatemwiderstand minimal ist.
a = 44 mm    c = 14 mm
b = 8 mm    d = 22 mm


Bild 3: Die Einrichtung des Hebelmechanismus in der zweiten Stufe mit der Benutzung des Injektors (Variante 2) und der dadurch hervorgehenden Änderung des Verschlußkörpers. Die Ausatmung verläuft normal über der Membrane ins Wasser.
Der Automat kann für das Einflaschengerät ebenso wie nach kleiner Änderung für Zwei- oder Mehrflaschengeräte benutzt werden. Die Montage ist einfach, der Automat auch von einem Amateur leicht zu bauen, und nicht zuletzt ist er nicht sehr teuer. Dies sind einige der Gründe, die uns zu dieser Veröffentlichung bewogen haben.

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